Samstag, 10. Mai 2014

Causa Red Bull Leipzig: Klare Kante oder Schikane?

Der RB Leipzig darf nur unter Auflagen in die 2. Liga. Dagegen hatte der Verein von Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz erwartungsgemäß Widerspruch eingelegt. Nun kam die Antwort von der DFL - genauso wenig überraschend. Der Widerspruch wurde abgeschmettert.
Die DFL hatte auf Grundlage ihrer Statuten einige grundlegende Änderungen gefordert, wogegen Mateschitz nach der Antwort der DFL jetzt lauthals und pressewirksam polterte. In einem Interview mit der Leipziger Volkszeitung in dieser Woche sprach Mateschitz von einem Entmündigungsantrag: "Man verlangt von uns [...] schriftlich, dass wir auf jedwedes Mitspracherecht im Verein verzichten. [...] dass wir weiter Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe tätigen dürfen, aber gleichzeitig unseren eigenen Entmündigungsantrag unterschreiben". In seinem Interview vergleicht Herr Mateschitz das Projekt RBL dann auch mit Sebastian Vettels Team in der Formel1. Aber mit den Äußerungen nicht genug, nein, denn die Forderungen der DFL kämen "einem unsittlichen Antrag nahe". (Dünnes Eis!) Mateschitz hat grundsätzlich (noch?) Interesse an einer Einigung mit der DFL, sagt aber auch: "wir wollen niemanden zwangsbeglücken". 

Zu diesen Aussagen fallen wahrscheinlich nicht nur mir jede Menge Antworten ein, gleichzeitig entstehen in meinem Kopf aber auch Fragezeichen:
Was hat Fußball eigentlich mit Formel1 zu tun? Das nur so nebenbei...  
Was haben die Statuten der DFL (analog vom DFB) mit Entmündigung zu tun?
Seit wann sind die Vorgaben, die für alle gelten, unsittlich? 
Was passiert, wenn Red Bull mal aussteigt?

In der Eile des Gefechts mag Herr Mateschitz übertrieben haben, aber solch ein Interview zu geben und auch zu veröffentlichen, zeigt wie tief der Abgrund ist. Die genauen Regelungen im österreichischen Fußball entziehen sich meiner Kenntnis, die Probleme mit dem Logo z.B. dürften Red Bull nicht neu sein. Red Bull Salzburg durfte in der Europa League nicht mit den herkömmlichen Trikots spielen, weil auch die UEFA Werbung mittels Vereinswappen in ihren Statuten untersagt. Insofern wundert mich die Art und Weise von Herrn Mateschitz schon. Wenn er Aufmerksamkeit wollte, dann hat er diese jetzt. Zwischen "RBL im Lizenzkrieg" und "RBL zittert um Aufstieg" ist zzt. alles zu lesen. Das dürfte aber wohl nicht sein Ziel gewesen sein. Ich persönlich verstehe das Interview als Drohgebärde in Richtung DFL. Dabei gibt es an den Statuten wenig zu rütteln und diese gelten bekanntermaßen für alle, nicht nur für Red Bull. Interessanterweise wird in diesem Zusammenhang immer wieder auf andere Vereine mit Großsponsoren verwiesen - wie Bayer oder VfL Wolfsburg. Natürlich ist der Vergleich auf den ersten Blick logisch, aber eben nur auf den ersten Blick. Am Beispiel Leverkusen kann das ganz leicht erklärt werden:
Der Fußballverein Bayer 04 Leverkusen entstand als reine Betriebssportgemeinschaft (Turn- und Spielverein der Farbenfabrik vormals Friedrich Bayer Co. Leverkusen). Aus dieser entwickelte sich irgendwann der TSV Bayer 04 Leverkusen ... bis der Verein irgendwann 100%-ige Tochter der Bayer AG wurde. Erst ab diesem Punkt kann es mit RB Leipzig verglichen werden, doch auch hier ist die Erklärung ganz einfach. Der DFB und die DFL haben bestimmt, dass für alle Vereine, bei denen ein Investor bereits mindestens 20 Jahre lang vor dem 01.01.1999 den Verein unterstützt hat, die 50+1-Regel nicht gilt. Das kann man finden, wie man will, es ist schlicht so. Diese Vorgaben treffen also alle Vereine gleichermaßen. Red Bull Leipzig wird nirgends benachteiligt oder schikaniert. Es ist auch keine Aktion à la "wer hat den Längsten", sondern schlicht die Praxis.  Zwar hat 2011 das Ständige Lizenzliga-Schiedsgericht den Stichtag 01.01.1999 gekippt, an der 20-Jahre-Frist hat sich jedoch nichts geändert... Ligapräsident Dr. Rauball meinte seinerzeit: "Im deutschen Profifußball werden Investoren weiterhin nur im Ausnahmefall und sehr eingeschränkt die Stimmenmehrheit bei einzelnen Klubs übernehmen können".

Auch wenn ich DFB/DFL ungern Weitsicht bescheinigen möchte ;-) , so ist die 50+1-Regel doch auch Schutz für den Verein selbst. Denn: Was passiert mit Leipzig, wenn Red Bull aussteigt? Keine Kohle mehr, kein Vorstand mehr da, niemand der entscheiden könnte, weil der Verein kaum Mitglieder hat (dank der horrenden Gebühren). Der Verein läge in allen Bereich am Boden. Ein Blick nach Hamburg zeigt, wie schnell das passieren kann und welche Wellen es schlägt, wenn das Mäzentum endet und der Vorstand-und-Geldgeber seinen Hut nimmt...  Aus Fansicht kann man die 50+1-Regel nur begrüßen.

Natürlich nehmen sich aber auch rechtlich bewanderte Experten dieser Problematik an. Einen großen Fürsprecher des RB Leipzig hat die Leipziger Volkszeitung selbst vorzuweisen. Sportrechtsexperte Johannes Arnhold sieht keine Probleme für Red Bull, in die 2. Liga aufzusteigen. Nach seinen Worten hat die DFL schlicht keine Handhabe, diese Forderungen durchzusetzen, RBL würde seiner Meinung nach den Rechtsweg wohl gewinnen. Nun... das bleibt abzuwarten. Zwar ist das Verhalten des RB Leipzig bezüglich Mitgliedsauswahl oder Mitgliedsbeiträgen nicht sittenwidrig, wie Herr Arnhold meint, aber die Statuten des DFB/DFL-Gespanns sind wohl kaum leere Worte. Sonst wäre die 50+1-Regel gerichtlich beanstandet worden. Der Rechtsstreit würde mich brennend interessieren, wenn ich ehrlich bin.

Hinter den Kulissen bereitet sich der RBL natürlich auf die 2. Liga vor, zähneknirschend auch mit Blick auf die Forderungen der DFL. Wahrscheinlich stehen auch die Anwälte schon in den Startlöchern. Warten wir also ab, was DFL und RBL weiter treiben. Am 28.05.2014 ist der Lizenzdrops allerdings gelutscht...

SaLe

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